Patrick Damiaens Ornamentschnitzer |
Patrick Damiaens
Ornamentschnitzer
Don Boscoinstitut Lüttich (belgien)
Die Ausbildung Ornamentschnitzer
schließt
nach 116 Jahren die Türen
Der Untergang belgischer Kulturerbe.
Die Ausbildung
Ornamentschnitzer-Holzbildhauer
am Don Boscoinstitut in Lüttich.
Gegründet in
1896.
Schon hundertsechzehn Jahr ist
Ornamentschnitzerei am Don Boscoinstitut eine einzigartige Ausbildung in
Belgien. Selbst habe ich da von 1986 bis 1989 studiert. Angesichts der hohen
Anmeldungszahl gab es ja eine Aufnahmeprüfung. Nur zwölf Schüler wurden
zugelassen. Diese Ausbildung gehört zur absoluten Spitze. Es gibt nur zwei
vergleichbare Ausbildungen in Europa: L'école Boulle in Paris und The Guilds of
London Artschool in London.
Die Basis dieser Ausbildung, die in 1896
gegründet ist, beinhaltet das Schmücken und die dekoration von Möbeln und
Interieuren. Diese einzigartige Ausbildung, von der Kenntnis der Lütticher
Ornamentik Teil ausmachte, hätte eine schöne Zukunft, weil sie Generationen
Studenten eine Tätigkeit sicherstellte. Seit ungefähr fünfzehn Jahren gibt es
aber weniger Nachfrage nach Lütticher Ornamenten. Die Lehrer Holzschnitzerei am
Don Boscoinstitut mussten sich anpassen, weil Kunden immer öfter nach einer
anderen Art Holzschnitzerei fragten: vor allem Restaurierungen von Kirchen und
geschützten Gebäuden, in denen dekorative Elemente repariert werden mussten.
Der Stil war dabei von nebensächlicher Bedeutung.
Don Bosco 1927 |
Ton und Stein
Vor zehn Jahren wurden das Studium und
Modellieren von Ornamenten in Ton in das Curriculum aufgenommen. Die Basis
eines Ornamentkünstlers ist die Kenntnis und das Studium von einem spezifischen
Ornament oder einer Stilepoche und die Anfertigung spezifischer Ornamente und
Dekorationen. Trotz dem Material aus Holz, Stein, Ton oder Gips ist, hat jede
Stilepoche in der West-Europäischen Geschichte ihre Merkmale.
Durch die Begeisterung vom Lehrer wurde die
Ornamentik in Stein eingeführt. Die Ausbildung ging gute Wege, die neuen
Chancen boten. Diese Ausbildung könnte nicht nur schneller neuer Trends,
sondern auch einfacher der Nachfrage verschiedener kommerziellen Sektoren
entsprechen.
Wahrscheinlich wieder etwas typisch
belgisch?
Anfang September 2011. Die Schulleitung vom
Don Boscoinstitut entscheidet die Section Sculpture zu schließen. Diese
Entscheidung war auf die Studentenzahl begründet, weil damals nur neun Schüler
in dieser Abteilung eingeschrieben waren. Gerade in dem Moment hatten andere
Abteilungen im Institut genau dasselbe Problem, aber nur die
Ornamentikausbildung wurde geschlossen.
Mein Klassenfoto. Abteilung Holzschnitzerei Don Bosco Lüttich in 1988 |
An zwei Seiten des Strangs ziehen
Das Unterrichtsministerium erlegt
lächerliche Normen und Bedingungen auf. So müssen Studenten die Vorbildung
Möbeltischler besucht haben. An diese Bedingungen sind Subventionen geknüpft,
die eine finanzielle Unterstützung garantieren. Durch die Ausbildung
Ornamentikschnitzerei an diese verpflichte Vorbildung zu knüpfen, stutzt man
den Wuchs dieser Abteilung. Während das Mittelstandsministerium nicht ohne Mühe
versucht Handwerksberufe und Kreativität mittels des Tages der Handwerker
aufzubauen, sorgt ein anderes Ministerium dafür, dass das Überwechseln nicht
länger garantiert ist.
Lasst uns ehrlich sein, Schulen mit guten
und einzigartigen Handwerkskenntnissen sorgen dafür, dass die nächsten
Generationen immer noch die Wahl haben sich für eine Handwerksausbildung zu
entscheiden.
Ornamentzeichnen |
Modellieren in Ton |
Die künftigen Generationen
Durch dieses Vakuum sorgt man fast
automatisch dafür, dass eine ganze Generation keinen visuellen Kontakt mit dem
Handwerk mehr hat. Kenntnis geht also verloren. Nächste Generationen werden als
Schafe ausgebildet um ohne Identität in einem Produktionsprozess tätig zu sein.
Dieses Vakuum sorgt auch dafür, dass eine ganze Generation, ohne es zu wissen
und durch Zutun der Medien, in nur eine Richtung gelenkt wird: Richtung
Einheitswurst.
Wir sind es an uns selbst und an künftigen
Generationen verpflichtet dieses Stück regionale und nationale Kulturerbe zu
schützen. In unseren Nachbarstaaten hat man das schon längst verstanden. Man
schüttet das Kind doch auch nicht mit dem Bade aus. Es ist unfassbar, dass
einige Politiker sich ohne weiteres dafür entscheiden können, dass diese
Abteilung unnötig und altmodisch sei und dass moderne Maschinen immer die
Lösung seien.
Wenn das Know-how verschwunden ist
Daneben werden Abendschulen hohe Ansprüche
gestellt, weil ein Kurs sicher nicht unrentabel sein darf. Man kann sich
beiläufig fragen welches Kommunalschwimmbad Break-even läuft. Natürlich
behauptet man, dass es dann geht um eine Verpflichtung hinsichtlich der
Bevölkerung. Es passiert also oft, dass Ausbildungen nicht weitergehen können,
weil sie unrentabel sind. Handwerksausbildungen müssen sich den selben Ansprüchen
unterwerfen wie Ausbildungen sowie ICT, französch …
Wenn wir so weitermachen, werdet von
unserer Kulturerbe nicht viel übrig bleiben. Wenn einmal das Know-how
verschwunden ist und es keine Nachfolge mehr gibt, dann ist es vorbei. Wer wird
unsere Kulturerbe im Zukunft pflegen?
Die letzten Schüler Ornamentschnitzer |
Japan
Wir könnten an die Problematik auch
herangehen sowie man es in Japan getan hat. Spezifischen, japanischen
Handwerksberufen gewährt man da einen Zuschuss, durch den der finanzielle Druck
erleichtert wird. Handwerker können also ihre kommerziellen Tätigkeiten
weiterführen. Durch die Subventionen ist es möglich ihre Produkten eben
billiger anzubieten, sodass eine größere Gruppe Interessierte entsteht, die
inländische, handwerkliche Identität der Massenproduktion vorzieht.
Diesen Handwerkern werden auch
Verpflichtungen gestellt. So sind sie verpflichtet ein bis zwei Menschen
auszubilden, sodass die Produktionsgeheimnisse und -Techniken übertragen
werden. Die Herstellung eines Samuraischwerts, zum Beispiel, verlangt eine
siebenjährige Ausbildung. Die Lehrer-Handwerker nennt man in Japan auch oft
'Lebendige Geschichte'.
Selbst bekomme ich regelmäßig Anforderungen
aus der ganzen Welt. Vor kurzem bekam ich noch eine Anforderung aus Schweden
und fragte einer aus den Vereinigten Staaten ob ich keinen Apprenticeship
suchte. Es zeigt, dass die belgischen Traditionen weltweit bekannt sind.
Vielleicht könnte man das japanische System
auch in Belgien introduzieren: in den beiden Landesteilen wählt man eine Gruppe
Tophandwerker aus. So wird die Fortsetzung von den handwerklichen Traditionen
in unserem Land für die Zukunft sichergestellt.
Übersetzung Neyens Laurent